Vier Kommunikationsmodelle, die Sie kennen sollten
In der Theorie ist Kommunikation relativ einfach: Einer spricht, der andere hört zu. In der Praxis ist es um ein Vielfaches komplexer. Botschaften zwischen den Zeilen, die Körpersprache sowie individuelle Interpretationen machen es zuweilen schwer, Aussagen richtig zu deuten. Schon seit langem beschäftigen sich Wissenschaftler und Experten mit der Kommunikation und haben diesbezüglich einige Modelle entwickelt. Da auch Sie als Tierärztin oder Tierarzt täglich kommunizieren – sei es mit Ihren Mitarbeitenden, KollegInnen oder mit PatientenbesitzerInnen ist es auch für Sie hilfreich, die wichtigsten Kommunikationsmodelle zu kennen.
Die Modelle geben uns einen besseren Einblick, wie der Informationsaustausch funktioniert und wie wir aktiv an unseren Kommunikationsfähigkeiten arbeiten können. Störungen werden schneller erkannt, Missverständnisse vermieden und die gesamte Kommunikation wird besser.
Das Eisbergmodell
Das Eisbergmodell, dessen Grundidee von Sigmund Freud stammt und durch den bekannten Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick weiterentwickelt wurde, verdeutlicht, welche verschiedenen Bereiche der Kommunikation existieren. Wie bei einem Eisberg ist nur ein geringer Teil sichtbar, während der Großteil unter der Oberfläche verborgen bleibt. Laut dem Modell macht die sogenannte Sachebene, sprich Zahlen, Daten, Fakten oder rationale Informationen nur einen kleinen Teil der Kommunikation aus – etwa 10 bis 20 Prozent. Die Beziehungsebene ist mit bis zu 90 Prozent jedoch deutlich größer und auch wichtiger. Gefühle, Erfahrungen und Ängste bleiben oft verborgen. Wenn die Beziehungsebene nicht stimmt, dann führt das oftmals zu Konflikten auf der Sachebene. Das zeigt sich an einem einfachen Beispiel: Haben Sie mit einem Mitarbeitenden Probleme auf der Beziehungsebene, weil dieser Ihnen gegenüber negativ eingestellt ist, dann wird auch die Kommunikation auf der Sachebene oftmals falsch interpretiert. Eine einfache und neutrale Arbeitsanweisung kann so schon zum Konflikt führen. Damit die Kommunikation reibungslos verläuft, ist es somit wichtig, auch stetig an der Beziehung zu anderen Menschen zu arbeiten.
Das Sender-Empfänger-Modell
Dieses Kommunikationsmodell wurde von den beiden Mathematikern Claude Shannon und Warren Weaver entwickelt. Es zeigt, wie die Vermittlung von Botschaften funktioniert und an welchen Stellen Probleme auftreten, die die Kommunikation stören. Die Grundidee dahinter ist, dass der Sender einen Code (in diesem Fall Sprache) nutzt, um seine Nachricht an den Empfänger zu übermitteln. Nun liegt es an diesem, den Code zu entschlüsseln und eine Antwort zu geben. Ziel hierbei ist, dass der Empfänger die Botschaft richtig decodiert. Das gelingt allerdings nur, wenn beide Gesprächspartner den gleichen Code verwenden. In der Realität kommt es hier häufig zu Störfaktoren, die für Missverständnisse sorgen. Diese können unterschiedliche Ursachen haben: das mag eine Sprachbarriere sein. Das gilt bei Tierärzten und Tierärztinnen insbesondere in der Kommunikation mit den PatientenbesitzerInnen, da diese nicht über einen Fachwortschatz verfügen. Zudem führen Doppeldeutigkeiten, falsch verstandener Sarkasmus, eine unklare Ausdrucksweise, Außengeräusche oder fehlende Aufmerksamkeit zu Störungen in der Kommunikation. So kommt es zu Fehlern bei der Decodierung der Nachricht und die Kommunikation wird erschwert.
Das Organon Modell
Der Sprachtheoretiker Karl Bühler bezieht sich bei seinem Kommunikationsmodell nicht nur auf die zwei Parteien Sender und Empfänger, sondern bringt einen weiteren Part ins Spiel: den Sachverhalt. Das Modell betrachtet die Sprache als Werkzeug, mit dem Menschen Nachrichten vermitteln können. Sender und Empfänger sind hierbei durch die Sprache miteinander verbunden. Im Kern dreht sich das Organon Modell um die sprachlichen Zeichen, die der Sender und Empfänger in einer Botschaft austauschen, das können zum Beispiel ein Wort oder ein Satz sein. Je nachdem, worauf sich das Sprachzeichen bezieht, definiert Bühler die Funktion der Äußerung anders. Er unterscheidet zwischen der Darstellungsfunktion, bei der es um den reinen Inhalt geht, der Ausdrucksfunktion, bei der das sprachliche Zeichen immer etwas vom Sender preisgibt, wie Emotionen oder Meinungen und die Apellfunktion, in der das sprachliche Zeichen immer eine Reaktion des Empfängers fordert. Das kann eine Antwort oder eine Handlung sein. Damit dies noch deutlicher wird, möchte ich ein Beispiel dazu bringen. Die Tierärztin sagt zum Mitarbeitenden „Die Rechnung ist noch nicht fertig.“ So ist die Tierärztin die Senderin, der Mitarbeitende der Empfänger und die Rechnung der Sachverhalt. In der Darstellungsfunktion ist es eine reine Information, dass die Rechnung noch nicht fertig ist. In der Ausdrucksfunktion ist die Tierärztin sauer, weil die Rechnung noch nicht fertig ist und in der Apellfunktion soll der Mitarbeitende die Rechnung fertig machen. Wenn Sender und Empfänger erkennen, welche Sprachfunktion gerade genutzt wird, sollten laut Bühlers Kommunikationsmodell Missverständnisse vermieden werden.
Die Maximen von Grice
Der Philosoph Herbert Paul Grice war fest davon überzeugt, dass Kommunikation nur gelingen kann, wenn beide Seiten das gleiche Ziel verfolgen. Sein Modell geht von einem Informationsaustausch auf Basis des Kooperationsprinzips aus. Dieses beinhaltet, dass die Gesprächspartner bei jeder Botschaft zwei Gesichtspunkte berücksichtigen: das Kommunikationsziel und den aktuellen Zeitpunkt des Gesprächs. Daraus leitet Grice vier Maximen ab, die die Effizienz der Kommunikation steigern. Die erste ist Quantität: man sollte so viel wie nötig und so wenig wie möglich kommunizieren. Auch die Qualität spielt eine Rolle – so sollten wir nur das sagen, was wir wissen und erklären können. Die dritte Maxime ist Relevanz und lautet, dass man alles sagen soll, was zum Thema gehört und nichts, was nicht dazugehört. Die vierte ist Klarheit: Hier gilt es Unklarheiten und Mehrdeutigkeiten zu vermeiden und in logischer Reihenfolge zu kommunizieren.
Fazit: Kommunikation ist komplex – und wir alle können uns verbessern
Es gibt noch einige weitere Kommunikationsmodelle, die zeigen, wie wir Informationen austauschen. Fakt ist, dass Kommunikation komplex ist. Sie findet auf den verschiedensten Ebenen statt und ist in der Praxis oftmals ganz anders als in der Theorie. Wir alle haben die Möglichkeit, uns darin zu verbessern, unsere Beziehungen zu stärken und den beruflichen Alltag positiver zu gestalten.
Wenn Sie Ihre Kommunikationsfähigkeiten und die Ihrer Mitarbeitenden verbessern wollen, dann lassen Sie uns gerne darüber sprechen.